PRESSEINFORMATION vom 23.03.2020
Der Verband der Elternräte der Gymnasien in Niedersachsen fordert den Kultusminister Grant Hendrik Tonne auf, klare Vorgaben zur Nutzung digitaler Möglichkeiten an allen Schulen und Schüler zu erlassen.
Die von ihm in der letzten Woche gegebenen Empfehlungen, Kinder und Eltern sollten zu Büchern und Gesellschaftsspielen greifen oder in den Garten gehen, lösen zumindest bei Eltern und Schülern große Empörung aus!
Diese triviale Ansage an die Schüler, sich damit zum reinen Zeitvertreib in die nächsten drei Wochen- evtl.auch noch länger – zu beschäftigen, ist eine Bankrotterklärung des Ministeriums und entspricht in keiner Weise den tatsächlich bestehenden Möglichen des digitalen Lernens während der Zwangspause.
Die von Herrn Tonne letzte Woche herausgestellte Unverbindlichkeit bei der Bearbeitung von eingestellten Aufgaben ist für den notwendigen Lernerfolg der Schüler absolut kontraproduktiv. Das Argument, digitale Ausstattungsunterschiede von Schulen dürfen nicht zu Benachteiligungen führen, ist nicht nachvollziehbar und allenfalls bei der Frage bezüglich der Benotungen anwendbar. In jedem Fall gibt es sehr viele digitale Möglichkeiten, unsere Kinder in dieser Zeit weiter zu beschulen !
Hunderte Beamte und Mitarbeiter in den Schulbehörden und Ministerien hatten seit Anfang März, wo die Auswirkungen der Coronakrise auf das Bildungs- und Schulsystem bereits deutlich absehbar waren, ausreichend Zeit, Abfragen über die jeweils bestehenden technischen Möglichkeiten der digitalen Beschulung in den einzelnen Schulen zu recherchieren: wenn diese Daten denn nicht schon längst hätten validiert werden müssen!
Nach Ablauf der ersten Woche nach der Stunde NULL bis heute sind nach heutigen aktuellen Recherchen des Verbandes in dieser Angelegenheit keine neuen Informationen kommuniziert worden, die den Schulen mit fehlenden digitalen Ressourcen in irgend einer Art und Weise weiterhelfen können.
Es ist wirklich bemerkenswert, was aktuell in Niedersachsen an vielen technisch und digital gut ausgebauten Schulen von einer großen Anzahl von Schulleitern und Lehrkräften, die sich im digitalen Bereich schon länger intensiv mit den bestehenden Möglichkeiten beschäftigen konnten und dies mittlerweile professionell organisiert haben, bereits alles auf die Beine gestellt wurde.
Nahezu jeder Gymnasiast an diesen Schulen hat eine eigene schulische E-Mail-Adresse, die es den Fachlehrern erlaubt, direkt mit den Schülern zu kommunizieren.
Der stv. Vorsitzende des Verbandes Werner Georg Witten fordert das Kultusministerium auf, schnellstmöglich individuelle Vorgaben und Strukturen, abgestimmt auf die sehr unterschiedlichen technischen Möglichkeiten und Medienkompetenzen einzelner Schulen, einheitlich und verbindlich für die Schulbehörden, Schulleiter und Lehrkräfte aufzustellen.
Diese Vorgaben müssen eine klare Orientierung und Mindestanforderungen für die digitale Übermittlung von Lerninhalten entsprechend des bestehenden Bildungsauftrages und der festgelegten Lehrpläne der Schulen beinhalten.
Die jetzige Situation wird dem bestehenden Lehrauftrag und den bestehenden Lernvorgaben in keiner Weise gerecht. Schüler*, Eltern und zuletzt auch die Lehrkräfte werden unter diesen jetzt entstehenden Defiziten leiden müssen.
Witten weiter: Das Abwarten des Kultusministers und der Schulbehörden, ohne der Situation angemessene Notfallpläne für die Schulen und Schulleiter aufgestellt zu haben, die bisher keine Möglichkeit hatten, digitale Schulaufgaben an die Schüler zu übermitteln, stellt eine Katastrophe für unser niedersächsisches Bildungssystem und letztendlich für die Schüler* dar, die diesen Stoff dann später in irgendeiner Form nachholen müssen.
Das ist für alle Beteiligten unzumutbar und verstößt damit gegen den § 54 des Nds. Schulgesetzes, aus dem die Verpflichtung des Landes hervorgeht, im Rahmen seiner Möglichkeiten das Schulwesen und damit die Bildungsinhalte so zu fördern, dass alle in Niedersachsen wohnenden Schülerinnen und Schüler ihr Recht auf Bildung ohne Einschränkungen verwirklichen können.
Der Verband fordert, dass Herr Tonne entsprechend seiner Verantwortung als Minister möglichst kurzfristig einen Notfallplan für alle Schulen aufstellt; insbesondere auch für die Schulen, deren digitale technische Ausstattung noch große Defizite hat.
Aus dieser Verordnung müssen für Eltern, Schüler und Lehrkräfte klare Informationen, Regeln und Mindestanforderungen für Lerninhalte und Lehrpläne sowie Hinweise und Links auf die bereits bestehenden und sinnvoll nutzbaren Lernprogramme und -Plattformen hervorgehen, die verbindlich für alle Beteiligten während der Dauer der Schulschließungen den Anforderungen der Stundenpläne entsprechend umgesetzt und eingehalten werden müssen.
Es kann von den Eltern nicht länger hingenommen werden, dass einige Schulen hilflos ihrem Schicksal überlassen werden, irgendeine wenig professionelle Lösung mit der heißen Nadel zu stricken, nur um die Schüler* irgendwie zu beschäftigen oder mangels Hilfestellung der Schulbehörden gar nichts zu tun. Denn auch diese Fälle gibt es leider in unserem Land, wo zur Zeit die Kommunikation zwischen Schule und Schülern gänzlich eingeschlafen ist.
Der Verband stellt weiter fest, dass es jetzt auch schon eine große Anzahl von digital und medienkompetent erstklassig ausgestatteten und aufgestellten Schulen gibt, die in vielen Fächern eine sehr gute Kommunikation und erfolgreiche Beschulung durchführt.
Sobald die Schulen wieder den normalen Betrieb aufgenommen haben, müssen die digitalen Unterrichtsmöglichkeiten an unseren Schulen dringend ausgebaut werden… Das durch bessere digitale Ausstattung an einigen Schulen bereits umfangreich gesammelte Know-how muss schnell an andere Schulen transferiert werden; insbesondere auch zur Förderung der Umsetzung des Digitalpakts an möglichst allen Schulen im Lande .
Viele Schulen kennen auch heute bereits die E-Mail-Adressen ihrer Schüler*n, sowie auch die der Eltern, so dass in Notsituationen wie jetzt diese grundsätzlichen personellen und technischen Möglichkeiten zur Kommunikation und damit zur Beschulung der Schüler* möglichst umfassend genutzt werden müssen, um für alle Beteiligten das Beste aus der Notsituation zu machen !
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Das Kultusministerium muss jetzt umgehend handeln und dafür sorgen, dass während der absehbar deutlich länger andauernden Schulschließungen durch die Corona-Pandemie an allen Schulen der gesetzlich vorgegebene Bildungsauftrag erfüllt wird.
Dies gilt insbesondere für die gymnasiale Oberstufe, wo fächerübergreifend vernetztes und selbständiges Denken und Lernen und persönliche Schwerpunktsetzung der Schülerinnen und Schüler besonders gefordert wird,
gez. Werner Georg Witten, stv. Vorsitzender des Verbandes der Elternräte der Gymnasien in Niedersachsen
Mail: wernerwitten@yahoo.de
Ansprechpartner für Medienvertreter:
Andrea Reschke, Vorstandsmitglied
Mail: andrea.reschke@freenet.de
Thomas Lüneburg, Vorstandsmitglied
Mail: thomas.lueneburg@ok.de
Herausgeber:
Verband der Elternräte Gymnasien Niedersachsen
Hesemannstraße 3, 30655 Hannover
www.elternraete-gymnasien.de
Im Verband der Elternräte der Gymnasien in Niedersachsen vereinigen sich Schulelternräte der niedersächsischen Gymnasien. Er wurde bereits1948 gegründet. Die Ziele und Aufgaben sind die Förderung und Stärkung der Schulform Gymnasium, Qualitätsentwicklung an Gymnasien, Stellungnahmen zu Erlassen, Verordnungen und Richtlinien, die Gymnasien betreffen, sowie die Sammlung und Weitergabe von Informationen und Anregungen zur Gestaltung der schulischen Angebote und letztendlich Beratung und Hilfe bei Fragen und Problemen vor Ort.
Presseerklärung 23.03.2020_Nutzung der digitalen Möglichkeiten in der Corona-Krise